Freitag, 4. März 2011

Fesselnde Machtübernahme der Narren

In Neckartailfingen band man den Bürgermeister kurzerhand an den Narrenbaum
(von Ralph Gravenstein)


Der kleine Staatsstreich war kurz, routiniert und fröhlich: In rekordverdächtiger Geschwindigkeit stöberten gestern Vormittag die kleinen Neckartailfinger Narren unter Führung der Liebenau-Häxa Bürgermeister Jens Timm auf und setzten ihn kurzerhand ab. Seine zunächst zähe Verhandlungsstrategie um die drei Schlüssel für das Rathaus rächte sich dabei: Die rund fünfzig Kinder der drei örtlichen Kindergärten fesselten den Schultes kurzerhand, kürzten mit Scherengewalt seine Krawatte und banden ihn an den Narrenbaum vor dem Rathaus. Auch Kämmerer Siegfried Weiß musste sich von der Hälfte seines Schlipses trennen, der ihm mit kundiger Liebenau-Häxa-Hand vom Hals geschnitten wurde.

Kurz vor dem Sturm auf das Rathaus um 9.59 Uhr formierten sich die Gruppen, die sich zur Machtübernahme anschickten: So war eine Abordnung der Gumpengoischdr ebenso angetreten wie Katja Sequenzia, die stellvertretend für die zeitlich verhinderten Neckar-Bätscher mit einer Gruppe des Schulberg-Kindergartens für musikalischen Lärm sorgte. Ausgerüstet mit Tamburinen und Rasseln heizten die kleinen Narren schon einmal tüchtig die Stimmung an.

Schließlich nordete Häxa-Zunftmeister Volker Lutz seine bunt umherwuselnden kleinen Truppen ein: Schlachtrufe wurden geübt, Stockwerke zur Durchsuchung den einzelnen Kindergärten zugewiesen und den Kindern auch klargemacht, dass die Macht den Narren erst dann gehören würde, wenn alle drei Schlüssel zum Rathaus erbeutet wären. Das stellte jedoch kein Problem für die Kinder von Schulberg-, Mörike- und Liebenaukindergarten dar – ebenso schnell wie der Bürgermeister waren auch die Schlüssel erbeutet und die Amtszimmer im Rathaus erobert.

Timm ergab sich schließlich in sein Schicksal als Gefangener am Narrenbaum und ließ auch den Siegestanz über sich ergehen, der rund um den Narrenbaum aufgeführt wurde, bevor er gemeinsam mit Zunftmeister Lutz zur Verteilung von besänftigendem Backwerk in Form von großen Hefezopf-Schlüsseln schritt, die vom Bäckerhaus Veit gestiftet worden waren. Mit Hefezopf, Saft und reichlich närrischem Stolz im Bauch ließen sich die Kinder schließlich wieder von ihren Erzieherinnen in ihre Kindergärten begleiten, natürlich jede Gruppe mit ihrem erbeuteten Schlüssel als Trophäe im Gepäck.

Die Liebenau-Häxa machten sich nach Frickenhausen auf, wo man bei der dortigen Rathausstürmung behilflich war, bevor es am Nachmittag zum Nachtumzug nach Baden-Baden ging.

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